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Zahlreiche römische Funde bei Kanalbauarbeiten entdeckt

Zahlreiche römische Funde bei Kanalbauarbeiten entdeckt
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22.04.2024

Seit Frühjahr 2023 erneuern die StEB Köln in der Straße Hohe Pforte zwischen Agrippastraße und Blaubach/Mühlenbach den vorhandenen Mischwasserkanal, die Straßenabläufe und die Anschlussleitungen. Die Baumaßnahme liegt im südlichen Randbereich des erhöhten Geländeplateaus, das in der Antike für die Anlage der römischen Stadt gewählt wurde.

In römischer Zeit bestand im Bereich der zu erneuernden Kanaltrasse eine nach Süden um mehrere Meter abfallende Geländestufe, die im heutigen Geländerelief noch erkennbar ist. Unter den Straßen Hohe Pforte und Hohe Straße verläuft der Cardo Maximus, die Nord-Süd orientierte Hauptstraßenachse der römischen Stadt, mit zugehöriger Straßenentwässerung und Wasserversorgung. Unmittelbar südlich der Einmündung der Straße Hochpfortenbüchel stand das südliche Haupttor der römischen Stadtmauer, durch das die Straße im weiteren Verlauf unter der heutigen Severinstraße als Fernstraße in Richtung Bonn und Mainz führte. Das Straßenland Hohe Pforte ist als Bodendenkmal in die Denkmalliste der Stadt Köln eingetragen.

Um einerseits die Beeinträchtigungen für die Anwohnenden und den Verkehrsfluss durch die Baumaßnahme so gering wie möglich zu halten und andererseits den Eingriff in das Bodendenkmal zu minimieren, haben die StEB Köln ein sehr aufwendiges Bauverfahren gewählt. Hierbei handelt es sich um die Verlegung des Kanals in einem bergmännisch aufgefahrenen Stollen, anstelle von offenen Baugruben. Bei dieser auch „Kölner Stollen“ genannten Bauweise wird der Abwasserkanal weitestgehend unterirdisch hergestellt, d.h. ohne die Anlage offener Rohrgräben zum Verlegen der Kanalrohre. Die Start- und die Zielbaugruben als Zugangsstellen für den Stollen sowie die Baugruben für den Einbau von Kanalschächten, Straßenabläufen und die Übernahme der Hausanschlüsse müssen allerdings in offener Bauweise erstellt werden.

Aufgrund der im Baufeld zu erwartenden stadtgeschichtlich bedeutenden Bodendenkmale sind in den offenen Baugruben bauvorgreifende archäologische Ausgrabungen erforderlich. In den Abschnitten der Baumaßnahme, die im unterirdischen Stollenvortrieb umgesetzt werden, erfolgen die archäologischen Untersuchungen ständig begleitend mit dem Baufortschritt.

Die archäologischen Arbeiten werden durch das Römisch-Germanische Museum/Archäologische Bodendenkmalpflege der Stadt Köln durchgeführt. Dabei werden alle freigelegten Teile des Bodendenkmals wissenschaftlich untersucht und dokumentiert, die archäologischen Funde geborgen und anschließend konservatorisch und restauratorisch bearbeitet. Nicht bewegliche Denkmalsubstanz von herausragender archäologischer und stadtgeschichtlicher Bedeutung bleibt nach Möglichkeit vor Ort erhalten. Trotz des „minimal invasiven“ Bauverfahrens erbrachten die archäologischen Untersuchungen viele neue Erkenntnisse zu der antiken Hauptstraße und dem römischen Stadttor sowie zahlreiche aussagekräftige archäologische Funde. So konnte neben Teilen des Stadttorfundaments unmittelbar neben der zu erneuernden Kanaltrasse aus dem 19. Jahrhundert ein aus Stein gebauter römischer Abwasserkanal nachgewiesen werden, der etwa mittig in der römischen Straße verlief. Durch eine Anpassung der Bauausführung für die Kanalerneuerung konnten die antiken Funde erhalten bleiben. Ein besonderer archäologischer Fund ist ein gut erhaltener, etwa 8 Zentimeter großer Kopf einer römischen Terrakottafigur aus dem 2. Jahrhundert nach Christus, die nach derzeitigem Kenntnisstand in einer Kölner Töpferwerkstatt hergestellt wurde.

Die komplexe Erhaltung der römischen Denkmalsubstanz in Verbindung mit den im Baufeld vorhandenen zahlreichen Versorgungsleitungen erforderten unvorhersehbare Anpassungen bei der Bauausführung, die zu zeitlichen Verzögerungen führten. Auch war die ursprünglich geplante Umlegung vorhandener Versorgungsleitungen nicht möglich, sodass diese stattdessen aufwändig in den Baugruben gesichert werden mussten. Die vielen Herausforderungen, die sich aus den besonderen örtlichen Gegebenheiten ergeben haben, wurden bis jetzt durch die Mithilfe aller Beteiligten erfolgreich überwunden. Die Bauarbeiten werden voraussichtlich im Juni abgeschlossen sein.

Für die nicht vermeidbaren Beeinträchtigungen und die Bauzeitverlängerung bitten die StEB Köln um Verständnis und möchten sich für die Geduld und Unterstützung während des gesamten Bauprojektes bei allen Betroffenen bedanken.

Ein etwa 8 Zentimeter großer Kopf einer römischen Terrakottafigur aus dem 2. Jahrhundert nach Christus. Bildnachweis: Römisch-Germanisches Museum Köln

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